• Zwischen Ausstieg und Aktion

Mein Beitrag zur Ausstellung

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Erfurt/Kunsthalle/Dezember 2013 – Februar 2014

Katalogtext:

1979, mit 33 Jahren, verließ ich illegal die DDR.
Ich hatte alles, was mir persönlich möglich erschien, ausprobiert. Mein Jugendtraum, Reiseschriftstellerin zu werden, war schon 1961 ausgeträumt. Nach dem Studium (PH Erfurt) in einem Museum zu arbeiten und vielleicht doch noch Kunstgeschichte im Fernstudium studieren zu können, das vereitelte Margot Honecker. Meine Arbeitsstellen füllten mich nicht aus, mein Wissensdurst blieb ungestillt. In diesen Jahren bis zur Flucht lebte ich in tristen Wohnungen, teils ohne Wasser, durchs Dach sah man den Himmel, was zur Folge hatte, dass sich im Winter die Küchenwände mit Raureif überzogen. Viel Freizeit ging darauf, es überhaupt warm zu bekommen, doch Teile in mir waren nicht mehr zu heizen. Nichts an seiner Lage ändern zu können, ist das Kälteste, was es für mich gibt. Ich fühlte, dass meine Sehnsüchte immer infantiler wurden und hatte deshalb Angst, dass ich mit diesen Träumen von der Welt jenseits der Mauer, nach der ich mich seit meiner Kindheit sehnte, alt werden muss, ohne jemals überprüfen zu können, wie ich mich in dieser Welt bewährt hätte und wo meine eigenen Grenzen lägen.

Was mich in diesen Jahren rettete, waren die Freundschaften und die Kunst. Bei Rudi Franke das Fest der Augen zu erleben, zeigte mir, was mit Leidenschaft und Generosität trotz aller Einschränkungen möglich war. Er machte mich mit zeitgenössischen Grafiken bekannt, verband mich also mit der Kunst meiner eigenen Epoche jenseits des sozialistischen Realismus. Kunst wurde das einzige Terrain, auf dem ich etwas von mir realisieren konnte und die Collage, die Gegensätze und Brüche auf einem Format vereint, war die passende Technik für Angst, Sehnsüchte und meine unterdrückte Wut.

Claudine geht/Collage/45x60cm/1978
Oh/Collage/45x60cm/1977
Geld/Collage/45x60cm/1978

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Aus der Dokumentation über die Galerie Peinzger/Galerie im Flur, in der ich 1979 Collagen ausstellte.

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Hier sind die Originalbriefe zu sehen, in denen ich von 1965 bis 1979 meiner Freundin ERIKA in Dresden mein Leben in Erfurt schilderte. Auszüge daraus konnte man in der Ausstellung hören.

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Diese Collage zeigt einen Zeitungsausschnitt aus dem Neuen Deutschland vor 1961, als man noch zum Interzonenpass beglückwünscht wurde. Eine Farce für uns in den 70er Jahren, als ich den Ausschnitt fand.

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(Collage nicht in der Ausstellung)